Zahlen Berufsunfähigkeitsversicherungen überhaupt wenn es drauf ankommt?

12.04.2014 Thomas Schösser

Wie viele Kundenanträge auf BU-Leistungen werden abgelehnt bzw. anerkannt? Verzögern Versicherungsunternehmen die Schadenbearbeitung mit Verschleppungstaktiken? Wie viele Gerichtsprozesse werden bei BU-Leistungsfällen geführt?

Solche oder ähnliche Fragen stellt sich vielleicht manch ein Verbraucher, wenn er vor dem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung steht. In meinen täglichen Beratungsgesprächen zum Thema BU stelle ich immer wieder fest, dass einige Kunden gerade wegen der negativen Berichterstattung in diversen Medien total verunsichert sind. Meinungen, wie beispielsweise „Eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) zahlt eh nicht“ oder ähnliches werden einfach in den Raum gestellt ohne wirklich einmal objektiv die Sache beleuchtet zu haben.

Klar kostet ein BU-Vertrag wenn er mit einer auskömmlichen Absicherungshöhe, sprich BU-Rentenhöhe, und einem hohen versicherten Endalter abgeschlossen wird Geld, da möchte man als Kunde schon sicher sein, diesen Betrag nicht umsonst zu bezahlen.

Ich habe es leider schon erleben müssen, dass aufgrund  negativer Presse zum Thema Berufsunfähigkeitsversicherung Menschen sich gar nicht mehr mit diesem extrem wichtigen Thema auseinandersetzen. In meinen Augen ein fataler Umstand…Schließlich geht es um nichts geringeres als um die finanzielle Absicherung der Arbeitskraft, also einfach ausgedrückt, die Gelddruckmaschine (Arbeitskraft welche den Lohn einfährt) wird versichert.

…und seitdem ich in der Versicherungsbranche tätig bin, habe ich schon so einige postive Leistungsentscheide zum Thema BU miterlebt, in welchen den betroffenen Menschen durch die Leistung aus ihrer Berufsunfähigkeitsversicherung finanziell geholfen wurde. Sicherlich können meine Erfahrungen oder die eines einzelnen Vermittlers aber in keinsterweise die objektive Realität im großen widerspiegeln.

Gut, dass nun das Analysehaus Franke und Bornberg GmbH Ergebnisse aus einer umfassenden eigenen durchgeführten Studie über die Regulierungspraxis von BU-Versicherern veröffentlicht hat.

In dieser Studie stellten sich laut der Franke und Bornberg GmbH 7 BU-Versicherer, darunter die Lebensversicherer

  • AachenMünchener
  • ERGO
  • HDI
  • Nürnberger
  • Stuttgarter
  • Swiss Life
  • Zurich Deutscher Herold

der Prüfung durch das Analysehaus…

 

Im Jahr 2012 hatten diese 7 Versicherungsunternehmen alleine über 22.000 neue BU-Leistungsfälle

 

Franke und Bornberg GmbH arbeitete laut eigenen Aussagen bei dieser Analyse mit Stichproben von mindestens 100 Leistungsfällen pro Gesellschaft.

Ein oft angebrachter Vorwurf gegen die Berufsunfähigkeitsversicherung, ist oft auch der Einwand, dass es oft zu langen Bearbeitungszeiten im Leistungsfall kommen soll… In der Pressemitteilung der Franke und Bornberg GmbH vom 28.02.2014 heißt es dazu u.a., Zitat:

„Die Regulierungsdauer ist seit 2007 um rund 26 Prozent bei Anerkenntnissen und etwa elf Prozent bei Ablehnungen gesunken. 2012 lag sie bei 160 respektive 140 Tagen. Die Verkürzung der Bearbeitungszeiten ist umso mehr hervorzuheben, als die Zahl der Leistungsanträge zwischen 2007 und 2012 um 20 Prozent gestiegen ist. Trotzdem mutet eine Regulierungsdauer von über vier Monaten lang an, doch haben nicht allein die Versicherer die Bearbeitungszeiten zu verantworten. Einen großen Anteil haben daran die Reaktionszeiten von Ärzten und Wartezeiten nach Rückfragen bei Anspruchstellern wegen nicht vollständig ausgefüllter Formulare.“ Zitat Ende.

 

Im BU-Leistungsfall werden vom Versicherungsunternehmen viele Dinge überprüft. Darunter fällt u.a. auch die Ausgestaltung der Tätigkeit, die gesundheitlichen Einschränkungen, oder die Überprüfung ob bei Vertragsabschluss der Kunde alle Fragen korrekt beantwortet hat (Thema vorvertragliche Anzeigepflicht – dazu später mehr).

Mit einer professionellen Aufbereitung der Unterlagen, kann also auch der Kunde und sein Berater im Vorfeld schon ggf. mit dazu beigetragen die  Bearbeitungszeit im BU-Leistungsfall kürzer zu halten.

 

Wieviele BU-Leistugnsfälle gab es denn? Wieviele wurden davon vom Versicherer anerkannt?

Im Blogbeitrag der Franke und Bornberg GmbH heißt es dazu u.a., Zitat:

„Auf die rund 22.400 im Rahmen unserer Studie untersuchten abgeschlossenen BU-Leistungsfälle der sieben (freiwillig) untersuchten Gesellschaften 2012 entfallen gut 13.200 (59 Prozent) Anerkenntnisse und ca. 9.200 (41 Prozent) Nicht-Anerkenntnisse. Gerne werden alle Fälle, in denen es nicht zum Anerkenntnis kommt, unter Ablehnungen verbucht. Doch tatsächlich gibt es einen erstaunlich hohen Anteil an Leistungsfallmeldungen, die durch Kunden nicht weiter verfolgt werden. In der Regel wird dabei der Fragebogen des Versicherers nicht zurück geschickt. Erstaunlich ist dabei die Dimension: bei den oben genannten 9.200 Fällen entfallen auf diese Kategorie rund 3.600 Fälle.“ Zitat Ende.

Warum die Kunden nicht reagieren, kann natürlich verschiedene Gründe haben. Beispielsweise weil es der Person einfach gesundheitlich wieder besser geht, oder weil der BU-Antrag einfach nur von Seiten des Kunden vorsorglich gestellt wurde, weil nicht abzusehen war, ob tatsächlich ein BU-Fall durch eine Krankheit etc. eintreten wird? Die Frage ist, ob man das Nichtreagieren eines Kunden nach Leistungsantrag als Ablehnung der Versicherungsleistung werten kann?

Würde man diese 3.600 Fälle nämlich bei den insgesamt rund 9.200 „Nichtanerkenntnissen“ außen vor lassen, würden also nur rund 5.600 von den 22.400 BU-Leistungsneuanmeldungen im Jahr 2012 direkt abgelehnt worden sein.

Interessant ist jetzt natürlich noch die Frage, aus welchen Gründen die BU-Leistungsanträge abgelehnt wurden. Laut Franke und Bornberg sind unter dem Punkt „Verteilung der Ablehnung“ knapp über 30% der Ablehnungen auf das Thema der sogenannten vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung zurückzuführen. Hier geht es also um Fälle in welchen der Versicherer davon ausgeht, dass der Kunde also schon bei Abschluss des BU-Vertrags eine Frage im Antragsverfahren nicht korrekt beantwortet hat, und daraus rechtliche Schritte einleiten kann. Also beispielsweise Rücktritt, Anfechtung des BU-Vertrags etc…

In meinem Blogbeitrag „5 wichtige Dinge, auf die man beim Abschluss einer BU zusätzlich achten sollte“, ging ich bereits darauf ein, dass bei Antragsstellung nicht nur auf die „richtige“ Beantwortung der Gesundheitsfragen des Versicherers unbedingt geachtet werden muss, sondern auch die anderen abgefragten Bereiche mit Bedacht beantwortet werden müssen…

Daran erkennt man sehr schnell, dass man als Kunde gut daran tut, hier mit Sorgfalt alle Fragen des Versicherers aufzuarbeiten und gewissenhaft zu beantworten. Aber auch die Versicherungsvermittler sollten meiner Meinung einen nach einen Teil dazu beitragen und ihre Kunden dazu anhalten gründlich zu agieren, und dabei auch den Verbraucher zu unterstützen.

Arbeitet man hier bei der Beantwortung der Antragsfragen ordentlich, so kann man hier meines Erachtens sicherlich dazu beitragen eine Ablehnung wegen des Vorwurfs einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung von vornherein entgegenzuwirken.

 

Geforderte Gutachten und Gerichtsprozesse in der BU

Zur Beurteilung inwieweit Gutachten und Gerichtsprozesse im BU-Leistungsfall einfließen, schreibt die Franke und Bornberg GmbH in Ihrer Pressemitteilung u.a., Zitat:

„Entgegen der öffentlichen Meinung werden Gutachten nur in 7,2 Prozent der Leistungsfälle eingeholt. Bei der Hälfte aller Begutachtungen handelt es sich um psychiatrische Gutachten, da es bei psychischen Erkrankungen besonders schwierig ist, festzustellen, ob und in welchem Umfang eine Berufsunfähigkeit vorliegt. (…) Die Prozessquoten von rund drei Prozent bezogen auf alle Leistungsfälle zeigen zudem, dass es nur in Ausnahmefällen zu einem Gerichtsverfahren kommt und eine juristische Auseinandersetzung keinesfalls die Regel ist. (…)“ Zitat Ende.

 

Mein persönliches Fazit:

Berechtigte Kritik ist wichtig, um Produkte, wie in diesem Fall die Berufsunfähigkeitsversicherung, noch verbraucherfreundlicher weiterzuentwickeln, das ist auch meine Meinung. Hierzu gibt es heute schon einige Ideen,  wie z.B. Aufnahme der Definition der sogenannten „Überobligation“, Klarstellung wie der BU-Grad festgelegt wird und so weiter…

Die groß angelegte Studie vom Anlaysehaus Franke und Bornberg zeigt gleichwohl auf, dass die Realtität der Leistungsregulierung in der Berufsunfähigkeit, besser zu sein scheint, als ihr Ruf.

Ich hoffe, dass durch die Studie Menschen, welche bisher auf Grund negativer Presseberichte zur BU das Thema nicht mehr verfolgt haben, nun nochmals einen neuen, objektiven Blick in diese Materie wagen, und sich der Arbeitskraftabsicherung z.B. über eine Berufsunfähigkeitsversicherung wieder widmen.

Selbstverständlich gibt es gerade beim Thema BU vieles zu beachten. Neben der bereits erwähnten vorvertraglichen Anzeigepflicht, sollten unbedingt auch die Leistungsunterschiede, die ggf. unterschiedlichen Risikoeinschätzungen der Versicherer, und natürlich auch der individuelle Bedarf mit professioneller Hilfe aufbereitet und detailliert beraten / besprochen werden.

Weitere Informationen zur Berufsunfähigkeit

Allgemeines zum Thema BU 

Kostenloser BU-Kriterienfragebogen im Downloadbereich

BU mit vereinfachter Gesundheitsprüfung

Andere Möglichkeiten zur Arbeitskraftabsicherung

Quellen des Artikels (Link zum Blog von Franke und Bornberg GmbH)