Leistung für alternative Medizin und Heilpraktiker in der Privaten Krankenversicherung (PKV)

14.03.2012 Thomas Schösser

Nicht wenige Menschen vertrauen immer mehr alternativen Behandlungsmethoden, wie beispielsweise der traditionellen chinesischen Medizin (TCM), Homöopathie oder der Akupunktur, die von den herkömmlichen schulmedizinischen Methoden teilweise abweichen.

Daher stellen sich auch Viele die Frage, was denn nun ihr gewünschter privater Krankenversicherungstarif neben zahlreichen anderen Leistungsbereichen an Erstattungen für diese Behandlungsmethoden vorsieht.

Der Markt der Privaten Krankenversicherungen (PKV) bietet eine Vielfalt an Tarifen mit unterschiedlichen Leistungsangeboten zu diesem Bereich an. Deshalb gehe ich in diesem Blogbeitrag auf einige Details zum Thema alternative Medizin ein.

Auch wenn es an mancher Stelle anders behauptet wird, so sind Leistungen für alternative Behandlungen in einer Privaten Krankenversicherung nicht selbstverständlich. Manche Tarife schließen zum Beispiel eine Kostenerstattung für Behandlungen von Heilpraktikern komplett aus dem Versicherungsschutz aus, oder begrenzen die Leistungshöhe.

Eine solche Begrenzung könnte in einem Bedingungswerk beispielsweise so aussehen:

„ (…) Behandlung durch Heilpraktiker
Erstattungsfähig sind Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die im gültigen Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker (GebüH) aufgeführt sind (…)  und die in diesem Zusammenhang verordneten Arzneimittel sowie Heil- und Verbandmittel. Gebühren sind im tariflichen Umfang bis zum Höchstsatz des gültigen Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker (GebüH) erstattungsfähig. Die Erstattung betragt 90 % der erstattungsfähigen Aufwendungen bis zu einem Gesamtbetrag von 1.000,00 EUR pro Kalenderjahr. (…)“

Die meisten Versicherer unterscheiden zunächst einmal, welcher Behandler, also z.B. ob ein Arzt oder ein Heilpraktiker die Leistungen erbracht hat, und welche Gebührengrundlage dafür verwendet wurde, also z.B. GebüH (Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker) oder GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte)…

Hinzu kommt, dass viele Versicherer die Regelung der Musterbedingungen 2009 für die Krankheitskosten und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK2009) – Stand 01. Januar 2009, welche eine Empfehlung des Verbandes der Privaten Krankenversicherung ist, in ihren Vertragsbedingungen übernommen haben.

Dort findet man u.a. folgenden Passus (Auszug aus den MB/KK 2009 – Stand 01. Januar 2009 – Fettschrift von mir eingefügt):

㤠4 Umfang der Leistungspflicht
(…)
(6) Der Versicherer leistet im vertraglichen Umfang für Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden und Arzneimittel, die von der Schulmedizin überwiegend anerkannt sind. Er leistet darüber hinaus für Methoden und Arzneimittel, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden oder Arzneimittel zur Verfügung stehen; der Versicherer kann jedoch seine Leistungen auf den Betrag herabsetzen, der bei der Anwendung vorhandener schulmedizinischer Methoden oder Arzneimittel angefallen wäre.

Meines Erachtens lässt diese Definition sehr viel Interpretationsspielraum zu. Allerdings gibt es einige Versicherer, die zu manchen Tarifen andere Regelungen als die der Musterbedingungen vertraglich im Bedingungswerk hinterlegt haben.

Hier ein Beispiel für eine andere Formulierung eines ausgewählten Tarifs (Bedingungen werden nur auszugsweise zitiert und geben nicht den kompletten Umfang des Versicherungsschutzes wieder – Fettschrift von mir eingefügt):

„(…) § 4 Versicherte Behandlungsmethoden
1. Der Versicherer ersetzt im vereinbarten Umfang die Aufwendungen für Behandlungen nach Methoden der Schulmedizin und für Behandlungen nach Methoden der alternativen Medizin, die sich in der Praxis als ebenso erfolgversprechend bewährt haben oder die angewandt werden, weil keine schulmedizinischen Methoden zur Verfügung stehen.

2. Als in der Praxis ebenso erfolgversprechend bewährt gelten die im Gebührenverzeichnis der Heilpraktiker (GebüH 1985 – Stand 2002) genannten Methoden und insbesondere die nachstehend genannten Methoden der alternativen Medizin:
a) Anthroposophische Medizin,
b) Antihomotoxische Medizin,
c) Ayurveda (mit Ausnahme der Transzendentalen Meditation),
d) Bioenergetische Medizin und Regulationsmedizin: Akupunktur, Akupressur, Bioelektrische Funktionsdiagnostik (BFD), Elektroneuraltherapie (ENTH), Bioresonanztherapie, Elektroakupunktur (EAV, EAP-Varianten), Lasertherapie, Applied Kinesiology, Magnetfeldtherapie, Neuraltherapie, Regulationstherapien (Grundregulation, Thermographie), Shiatsu, Traditionelle Chinesische Medizin,
e) Homöopathie,
f) Hyperthermie,
g) Mikroökologische Medizin: Elementar-Therapie, Mikrobiologische Therapie, Orthomolekulare Therapie,
h) Organotherapie: Enzymtherapie, Thymustherapie, Zelltherapie,
i) Physikalische Verfahren und Konditionierungsverfahren: Bewegungstherapien (Krankengymnastik), Dermapunktur, Elektrotherapie, Hydrotherapie, Lichttherapie, Sprachtherapie, Thermotherapie,
j) Phytotherapie,
k) Sauerstofftherapien: Hämatogene Oxidationstherapie, Oxivenierungstherapie, Ozontherapie, Sauerstoffbeatmung,
Sauerstoffzelt, Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie. (…)“

Selbstverständlich setzt eine Kostenerstattung alternativer Heilmethoden auch eine medizinische Notwendigkeit einer solchen Behandlung voraus.

Trotz leistungsstarker Versicherungsbedingungen im Bereich der Alternativmedizin und einer medizinischen Notwendigkeit vorausgesetzt kann es unter Umständen dennoch passieren, dass es Unstimmigkeiten bei der Leistungsabrechnung gibt. Vor allem dann, wenn es für einige alternative Heilmethoden keine direkte Ziffer in den GOÄ oder GebüH gibt.

Betrachtet man die Leistungen eines privaten Krankenversicherungstarifs nach den Leistungen für alternative Behandlungsmethoden, so muss vieles beachtet werden, wie zum Beispiel:

 

  • Weicht der Versicherer von der Formulierung der Musterbedingungen ab? Wenn ja, wie sehen die Bedingungsformulierungen genau aus?
  • Gibt es prozentuale Einschränkungen oder Erstattungshöchstbeträge?
  • Welche Behandler dürfen aufgesucht werden?
  • Welche Methoden sind versichert?
  • Wie werden die alternativen Behandlungen abgerechnet?
  • Welche Gebührenordnungen werden zur Abrechnung herangezogen und gibt es bedingungsgemäße Grenzen wie z.B. bis maximal zum Regelhöchstsatz der GebüH?
  • Gibt es neben Gebührenordnungen auch direkte Verweise auf versicherte Methoden durch eine Aufzählung, oder den Verweis auf das Hufelandverzeichnis?
  • Wie werden verordnete Arzneimittel für die alternative Behandlung erstattet?

…und vieles weitere mehr…man bemerkt schnell, dass es hier einiges zu beachten gibt.

Legen Sie Wert auf Behandlungen von Heilpraktikern und alternative Medizin? Dann sprechen Sie unbedingt mit Ihrem Fachmann zur PKV auch über die verschiedenen Inhalte der zahlreichen Angebote, die Möglichkeiten die der Markt zur Verfügung stellt, und welcher Tarif am besten Ihren Vorstellungen entspricht.

Beachten Sie aber auch, dass es bei der Wahl der PKV noch viele andere Kriterien und vertragliche Unterschiede aus anderen Bereichen, wie z.B. den Transporten, bei der Psychotherapie, den Hilfsmittel etc. zu beachten gibt.

Weitere Informationen:

Kriterienfragebogen zur privaten Krankenversicherung

Blogserie über diverse Leistungsbereiche einer PKV 

Hinweis:
Die von mir verwendeten Beispiele von Bedingungsformulierung haben lediglich beispielhaften Charakter und geben keinen Überblick über den Versicherungsschutz oder den Regelungen zur Erstattung von alternativen Behandlungsmethoden eines bestimmten Tarifs wieder. Um zu verstehen was eine private Krankenversicherung tatsächlich an Leistungen für diese Art der Behandlungen vorsieht, müsste das gesamte Vertragswerk, also alle Versicherungsbedingungen komplett analysiert werden. Desweiteren gibt es auf den Markt der Privaten Krankenversicherung viele weitere Bedingungsdefinitionen, die von den mir aufgezählten Beispielen erheblich abweichen.